
Virginia Woolf hat sich als Schriftstellerin einen festen Platz in der Literaturgeschichte erobert, indem sie Konventionen aufbrach. Der renommierte amerikanische Kritiker Harold Bloom nahm ihren Roman Orlando. Die Geschichte eines Lebens in seinen Western Canon auf und stellte ihn neben die bedeutendsten Werke der Weltliteratur.
Woolf zählt zu den Ikonen des Modernismus – neben James Joyce, T.S. Eliot und Marcel Proust. Ihre Prosa, tief psychologisch und introspektiv, war bahnbrechend in einer Epoche dominierender linearer Erzählungen. Ihrem literarischen Selbstbild steckt jedoch ein Leben voller Herausforderungen gegenüber.
Schreiben im Stehen
Woolf bevorzugte es, an einem hohen Eichenschreibtisch zu arbeiten. Sie glaubte, dass das Schreiben ihr Energie verleiht und die Klarheit des Denkens fördert. Schreiben war für sie ein physischer Akt, bei dem der Rhythmus der Worte mit dem Rhythmus des Körpers verschmolz.
Bloomsbury Group
Sie war eine zentrale Figur der Bloomsbury Group – einem Kreis von Künstlern und Intellektuellen, die im frühen 20. Jahrhundert kreative Freiheit, liberale Ideen und das Aufbrechen gesellschaftlicher Konventionen propagierten. Neben Woolf wirkten in der Gruppe u. a. Leonard Woolf, E.M. Forster, Vita Sackville‑West und Roger Eliot Fry.
Verlegerin und Übersetzerin
1917 gründeten Virginia und ihr Ehemann Leonard die Hogarth Press. Das Verlagshaus druckte und band Bücher eigenhändig und veröffentlichte Werke von T.S. Eliot und Katherine Mansfield. Unter diesem Imprint erschien auch eine englische Übersetzung von Fjodor Dostojewskis Die Dämonen, an der Woolf beteiligt war.
Experimentelle Erzählweise
In ihren Romanen nutzte sie die Technik des Bewusstseinsstroms und verzichtete auf traditionelle, lineare Erzählstrukturen. In Zum Leuchtturm und Die Wellen verwob sie narrative Elemente mit inneren Monologen der Figuren, integrierte poetischen Impressionismus und subtile Perspektivwechsel und brach bewusst mit dem Realismus.
Tagebücher und Briefe
Woolf führte umfangreiche Tagebücher und Briefe, die wertvolle Einsichten in ihre Ansichten, Beziehungen und den Kampf mit ihrer bipolaren Störung bieten. Gerade in diesen Aufzeichnungen liegt der Schlüssel zum Verständnis ihres literarischen Schaffens.
Der letzte Brief
Im März 1941, von einem Rückfall ihrer Krankheit ahnend, hinterließ sie ihrem Ehemann einen Brief voller Liebe und Dankbarkeit:
Dearest, I feel certain that I am going mad again. I feel we can’t go through another of those terrible times. And I shan’t recover this time. I begin to hear voices, and I can’t concentrate. So I am doing what seems the best thing to do. You have given me the greatest possible happiness. You have been in every way all that anyone could be. I don’t think two people could have been happier ’til this terrible disease came. I can’t fight any longer.
Anschließend ging sie mit Steinen in den Taschen in den River Ouse. Ihr Tod markierte ein symbolisches, wenn auch tragisches Ende eines Lebens intensiver kreativer Leidenschaft.
Virginia Woolf bleibt ein Symbol für künstlerische Kühnheit und literarische Innovation. Um ihr Leben in voller Tiefe zu erfahren, empfehlen wir:
- Hermione Lee, Virginia Woolf (1996) – eine detaillierte und monumentale Biografie.
- Quentin Bell, Virginia Woolf: A Biography (1972) – eine klassische Biografie, geschrieben von ihrem Neffen.