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8 dunkle Fakten zur Schöpferin von Frankenstein

Mary Shelley und Frankensteins Monster.

Obwohl das aus Leichenteilen zusammengenähte Monster eine der bekanntesten Ikonen der Popkultur ist, bleibt die Frau, die es zum Leben erweckte, oft im Schatten ihres Werkes. Mary Shelley war keine typische Dame des viktorianischen Zeitalters. Ihr Leben gleicht einer Gothic-Erzählung voller Rebellion, Romanzen, Reisen und schmerzhafter Verluste. Für zeitgenössische Autoren und Verleger ist Shelleys Geschichte der Beweis dafür, dass große Literatur aus authentischen Emotionen und dem Mut entsteht, Schemata zu durchbrechen.

Hier sind acht Fakten aus dem Leben von Mary Shelley, die ein neues Licht auf den Entstehungsprozess eines der wichtigsten Romane der Geschichte werfen.

1. „Frankenstein“ entstand aus einer Wette während des „Jahres ohne Sommer“

Der Legende nach entstand die Idee zum Roman unter ungewöhnlichen Umständen. Im Jahr 1816 reisten Mary, ihr Geliebter Percy Bysshe Shelley und ihr Sohn in die Schweiz, um Zeit mit Lord Byron in der Villa Diodati zu verbringen. Das Wetter war jedoch katastrophal – infolge des Ausbruchs des Vulkans Tambora wurde jenes Jahr das „Jahr ohne Sommer“ genannt. Strömender Regen und eine düstere Aura fesselten die Gesellschaft ans Haus.

Um die Langeweile zu vertreiben, schlug Lord Byron einen Wettbewerb vor, wer die beste Geistergeschichte schreiben könne. Genau damals, inspiriert von nächtlichen Gesprächen über die Natur des Lebens und die Experimente von Erasmus Darwin, hatte Mary die Vision eines „bleichen Studenten unheiliger Künste, der vor dem Ding kniet, das er zusammengesetzt hatte“. So wurde der Entwurf zu „Frankenstein“ geboren.

2. Sie war erst 19 Jahre alt, als sie ihr Meisterwerk zu schreiben begann

Heutigen Debütanten scheint es oft, dass man ein ganzes Leben warten muss, um sein Magnum Opus zu schreiben. Mary Shelley beweist das Gegenteil. Als sie begann, die Geschichte von Viktor Frankenstein zu skizzieren, war sie ein Teenager.

Der Roman wurde fertiggestellt, als die Autorin 20 Jahre alt war, und veröffentlicht (anonym), als sie 21 wurde. Die emotionale Reife und philosophische Tiefe dieses Buches verblüffen Kritiker bis heute, wenn man das Alter der Autorin bedenkt.

3. Schreiben lernen auf dem Friedhof

Marys Bildung war ungewöhnlich, selbst für damalige Verhältnisse. Als Tochter der bedeutenden Feministin Mary Wollstonecraft (die kurz nach der Geburt starb) und des Philosophen William Godwin, wuchs sie in einer Atmosphäre intellektueller Gärung auf.

Das bildhafteste Detail ihrer Kindheit ist jedoch der Ort, an dem sie ihre Buchstaben lernte. Die kleine Mary flüchtete oft auf den St Pancras Old Churchyard in London. Dort, während sie mit dem Finger die Inschriften auf dem Grabstein ihrer eigenen Mutter nachfuhr, lernte sie, die ersten Buchstaben zusammenzusetzen und zu lesen. Dieser frühe Umgang mit dem Tod und dem Gedenken an die Vorfahren beeinflusste ihre spätere Gothic-Sensibilität stark.

4. Die Patin des Science-Fiction-Genres

Obwohl „Frankenstein“ oft als Horror oder Schauerroman kategorisiert wird, sind sich Literaturwissenschaftler einig: Mary Shelley schuf den ersten Science-Fiction-Roman der Geschichte.

Der entscheidende Unterschied liegt im Mechanismus der Belebung des Monsters. Frühere Geschichten beruhten auf Magie, Flüchen oder dem Eingreifen übernatürlicher Kräfte. Shelley stützte ihre Handlung auf die damalige Wissenschaft – Galvanismus und Elektrizität. Technologie und Experiment, nicht Zauberei, waren die treibende Kraft, was eine definitive Wendung hin zur Science-Fiction darstellt.

5. Ein Leben, gezeichnet von einer Serie von Tragödien

Die Dunkelheit, die aus den Seiten ihres Romans strömt, war nicht nur eine literarische Schöpfung. Das Privatleben der Schriftstellerin war von Leid erfüllt. Mary begrub drei ihrer vier Kinder, was sie in eine tiefe Depression stürzte.

Das Gefühl von Verlust, Einsamkeit und Ablehnung, das Frankensteins Monster so suggestiv beschreibt, war ein direktes Spiegelbild der emotionalen Zustände der Autorin. Die Kreatur, die nach Akzeptanz sucht, aber auf Angst stößt, ist eine Metapher für die Entfremdung, die Shelley erlebte, nachdem sie mit dem damals verheirateten Percy Shelley von zu Hause weggelaufen war.

6. Ein makabres Andenken im Schreibtisch

Die Beziehung von Mary und Percy Shelley war stürmisch und endete tragisch. Der Dichter ertrank 1822 während eines Sturms in Italien, im Alter von nur 29 Jahren. Sein Körper wurde gemäß den Quarantänevorschriften am Strand eingeäschert, aber – so besagt die Legende – sein Herz verbrannte nicht.

Mary Shelley behielt dieses Organ. Jahrelang bewahrte sie das verkohlte Herz ihres Mannes, eingewickelt in Seide und eines seiner Gedichte (manche Quellen sprechen von Seiten aus „Adonais“), in einer Schublade ihres Schreibtisches auf. Diese Geschichte klingt wie direkt aus ihren Büchern entnommen und zeigt, wie stark das Leben der Schriftstellerin mit dem romantischen Todeskult verwoben war.

7. Prophetische Vision in „Der letzte Mensch“

Mary Shelley ist nicht die Autorin nur eines einzigen Romans. Ihr Werk ist weitaus umfangreicher, und besondere Aufmerksamkeit verdient „Der letzte Mensch“, veröffentlicht 1826.

Dies ist einer der ersten postapokalyptischen Romane der Geschichte. Die Handlung spielt Ende des 21. Jahrhunderts, als die Menschheit durch die Beulenpest dezimiert wird. Der Protagonist, Lionel Verney, beobachtet den Untergang der Zivilisation, um schließlich als der titelgebende letzte Mensch auf Erden durch eine entvölkerte Welt zu irren. Diese Vision, äußerst bedrückend und innovativ, wurde erst von modernen Lesern wirklich gewürdigt.

8. Editorische Zusammenarbeit oder Dominanz?

Jahrelang wurde über die Rolle von Percy Shelley bei der Entstehung von „Frankenstein“ debattiert. Es ist bekannt, dass Marys Ehemann das Manuskript redigierte, stilistische Korrekturen vornahm und Änderungen hin zu einem raffinierteren Wortschatz vorschlug.

Einige Kritiker im 19. Jahrhundert deuteten sogar an, dass er der wahre Autor des Werkes sei. Die Analyse der Manuskripte, die bis heute überdauert haben, bestätigt jedoch eindeutig Marys Autorschaft. Percys Beitrag beschränkte sich auf die Rolle eines Lektors, der seine talentierte Frau unterstützte (wenn auch manchmal zu eifrig). Dies ist eine wertvolle Lektion für moderne Self-Publisher darüber, wie wichtig, aber auch sensibel die Beziehung zwischen Autor und Lektor ist.

BONUS: Ein nach Jahren erfüllter Traum

Zum Abschluss haben wir ein Highlight für alle Film- und Literaturliebhaber. Auf Netflix ist gerade die lang erwartete Adaption von „Frankenstein“ unter der Regie des Horror-Visionärs Guillermo del Toro erschienen.

Interessanterweise war die Realisierung dieses Films ein Traum des Regisseurs seit seiner Kindheit. Del Toro erwähnte in Interviews mehrfach, dass er sich als Junge mit dem Monster identifizierte und nicht mit dessen Schöpfer, was eine völlig neue, tief humanistische Perspektive im Film verspricht. Zur Besetzung gehören u. a. Oscar Isaac als Viktor Frankenstein und Jacob Elordi in der Rolle des Monsters. Dies ist eine hervorragende Gelegenheit, nach der Lektüre des Originals zu prüfen, wie der mexikanische Meister Mary Shelleys Ängste und Hoffnungen im zeitgenössischen Kino interpretiert hat.

Die Geschichte von Mary Shelley ist der Beweis dafür, dass die besten Geschichten an der Schnittstelle von Talent, harter Arbeit und Lebenserfahrung entstehen. Ihr Erbe bei Books Factory betrachten wir als Inspiration, uns um jedes gedruckte Wort zu kümmern.

Quellen:

  1. Wikipedia
  2. Profile Books
  3. Onet